Es ist die gemeinsame Vision, die drei Marktführer zu einem Kooperationsprojekt motiviert hat: Ergonomisch optimierte Arbeitskonzepte, die Arbeitgebern und Arbeitnehmern gleichermaßen Nutzen bringen.
teamwork Forum Arbeitsplatzgestaltung ist eine Initiative der Unternehmen bimos, KARL und Waldmann. Das innovative Produktportfolio in den Bereichen Tisch, Stuhl und Licht bildet die Grundlage für ergonomische Arbeitsplatzgestaltung in den unterschiedlichsten Wirtschaftszweigen.
Die drei Unternehmen, die im eigenen Hause fertigen und entwickeln, sind nahe am Markt und an den Bedürfnissen im Arbeitsalltag.
Dabei hat sich eines stets ganz klar gezeigt: Eine ergonomische Gestaltung von Arbeitsumfeldern hat unmittelbare Konsequenz auf die Qualität der erbrachten Arbeit und auf die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter. Eine verbesserte Güte in der Produktion und verminderte Fehlzeiten haben direkten ökonomischen Nutzen. Daher setzen immer mehr Unternehmen Ergonomie aktiv als Element einer nachhaltigen Wertschöpfung ein.
Ergonomie ist die Wissenschaft von der Gesetzmäßigkeit menschlicher Arbeit. Der Begriff setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern ergon (Arbeit, Werk) und nomos (Gesetz, Regel). Ergonomie ist ein komplexes System, um Arbeitsmittel und Arbeitsszenarien an die Bedürfnisse des Menschen anzupassen.
Der Nutzen daraus ist vielfältig. Mitarbeiter sind motivierter und leistungsfähiger und werden vor gesundheitlichen Schäden auch bei langfristiger Ausübung einer Tätigkeit geschützt. Außerdem belegen wissenschaftliche Studien, dass durch ergonomisch optimierte Arbeitsumfelder die Produktivität und die Qualität der erbrachten Arbeitsleistung steigen.
Ergonomie umfasst folgende Aspekte:
Grundlage für die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes ist der Mensch - sein Körper (Größe, Gewicht, Bewegungsabläufe etc.), seine sensuellen Wahrnehmungen (Licht, Geräusch, Temperatur) und seine intellektuellen Fähigkeiten (z. B. Informationsverarbeitung, Aufmerksamkeit, Kreativität).
Um den anatomischen Belangen im Hinblick auf die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung gerecht zu werden, legt man die menschlichen Körpermaße (Anthropometrie) zugrunde. Würde man jedoch die gesamte Variationsbreite der Bevölkerung berücksichtigen, könnte man keine praktikable ergonomische Arbeitsplatzgestaltung ableiten. Daher streicht man die oberen und unteren 5 %-Perzentile der Gesamtverteilung.
Insgesamt gilt es, Körpermaße vom 5 % Perzentil der Frauen bis zum 95 % Perzentil der Männer zu berücksichtigen.
Bei der Körperhöhe ergibt sich dabei eine Variationsbreite von 32 cm, die 90 % der Population abbildet. Aus dieser "Vertrauensbereich“ genannten Größe leiten sich die Anforderungen für die optimale ergonomische Arbeitsplatzgestaltung ab.
Für Menschen, die nicht in diesen Bereich fallen, sind individuelle Sonderlösungen erforderlich.
Alle Maße gelten für den unbekleideten Menschen. Für Arbeits- und Schutzkleidung sind entsprechende Zuschläge erforderlich.
Perzentil (Hundertstelwert) ist ein Begriff aus der Statistik, der eine Gesamtverteilung in 1 %-Segmente unterteilt. Das n-te Perzentil bezeichnet den Grenzwert, unter dem n % der Gesamtheit der Messwerte liegen.
So sagt beispielsweise das 5. Perzentil, dass 5 % der Gesamtwerte unter diesem Grenzwert liegen. Das 95. Perzentil sagt, dass 95 % der Gesamtwerte unter diesem Grenzwert liegen, also 5% darüber.
Aufgrund der sogenannten Normalverteilung bedeutet das, dass zwar nur 25 % der gesamten Variationsbreite der Körperhöhen berücksichtigt werden, damit aber 90 % der Menschen erfasst werden.
Aus den Körpermaßen – vor allem aus den Körperhöhen – leiten sich die Anforderungen an das Arbeitsumfeld ab, in dem Tätigkeiten wie Sitzen, Stehen, Sehen oder Greifen ausgeübt werden.
Da Arbeitsplätze in Montage und Produktion in der Regel von unterschiedlichen Personen genutzt werden (z. B. im Schichtbetrieb, bei Jobrotation oder One-Piece-Flow), müssen sie auf individuelle Maße regulierbar sein. Denn die Körperhöhen können stark variieren - und selbst bei gleichen oder ähnlichen Höhen können sich die individuellen Proportionen deutlich voneinander unterscheiden.
Wenn nicht bestimmte Produktionsprozesse hinsichtlich der Abmessungen zwingend andere Vorgaben machen, richtet sich die Dimensionierung und Anordnung von Elementen am Arbeitsplatz nach den Anforderungen der Anthropometrie und Physiologie.
Wo immer möglich, sollen Arbeitsmittel eingesetzt werden, die verstellbar sind und den individuellen Körperhöhen und -proportionen angepasst werden können. Sind Arbeitsplatz und Arbeitsmittel nicht optimal auf die Körpermaße und die Tätigkeit des Mitarbeiters abgestimmt, führt dies auf Dauer zu Zwangshaltungen.
Diese wiederum führen zu Belastungen und einseitigen Abnutzungen. Beeinträchtigt werden beispielsweise Sehnen oder Muskulatur, Nerven, Gewebe, Herz und Kreislauf. Mögliche Folgen sind schmerzhafte Verspannungen, Muskel- und Sehnenverkürzungen, Herz- und Kreislauferkrankungen.
Das schadet nicht nur dem Mitarbeiter - es stellt auch eine Minderung der wertschöpfenden Arbeitsleistung dar.
Alle Maße gelten für den unbekleideten Menschen. Für Arbeits- und Schutzkleidung sind entsprechende Zuschläge erforderlich. Für die Arbeitsplatzgestaltung sind bei Innenmaßen (z.B. Beinräume) die Maße des größten Mannes, bei Außenmaßen die Maße der kleinsten Frau anzuwenden.
Alle Maße gelten für den unbekleideten Menschen. Für Arbeits- und Schutzkleidung sind entsprechende Zuschläge erforderlich. Für die Arbeitsplatzgestaltung sind bei Innenmaßen (z.B. Beinräume) die Maße des größten Mannes, bei Außenmaßen die Maße der kleinsten Frau anzuwenden.
Körpermaße | |||||||
(nach DIN 33402- Abmessungen in cm) | 5% | 50% | 95% | ||||
♀ | ♂ | ♀ | ♂ | ♀ | ♂ | ||
1. | Reichweite nach vorn | 62,5 | 68,5 | 69,0 | 74,0 | 75,0 | 81,5 |
2. | Körpertiefe | 24,5 | 26,0 | 29,0 | 28,5 | 34,5 | 38,0 |
3. | Reichweite nach oben | 184,0 | 197,5 | 194,5 | 207,5 | 202,5 | 220,5 |
4. | Körperhöhe | 153,5 | 165,0 | 162,5 | 175,0 | 172,0 | 185,5 |
5. | Augenhöhe | 143,0 | 153,0 | 151,5 | 163,0 | 160,5 | 173,5 |
6. | Schulterhöhe | 126,0 | 134,5 | 134,5 | 145,0 | 142,5 | 155,0 |
7. | Ellenbogenhöhe über der Standfläche | 96,0 | 102,5 | 102,0 | 110,0 | 108,0 | 117,5 |
8. | Höhe der Hand über der Standfläche | 67,0 | 73,0 | 71,5 | 76,5 | 76,0 | 82,5 |
9. | Hüftbreite stehend | 34,0 | 34,0 | 36,5 | 36,0 | 40,0 | 38,5 |
10. | Schulterbreite | 39,5 | 44,0 | 43,5 | 48,0 | 48,5 | 52,5 |
11. | Sitzhöhe | 81,0 | 85,5 | 86,0 | 91,0 | 91,0 | 96,5 |
12. | Augenhöhe im Sitzen | 70,5 | 74,0 | 75,5 | 79,5 | 80,5 | 85,5 |
13. | Ellenbogenhöhe über der Sitzfläche | 18,5 | 21,0 | 23,0 | 24,0 | 27,5 | 28,5 |
14. | Länge des Unterschenkels mit Fuß (Sitzflächenhöhe) | 37,5 | 41,0 | 41,5 | 45,0 | 45,0 | 49,0 |
15. | Ellenbogen-Griffachsen-Abstand | 29,5 | 32,5 | 31,5 | 35,0 | 35,0 | 39,0 |
16. | Sitztiefe | 43,5 | 45,0 | 48,5 | 49,5 | 53,0 | 54,0 |
17. | Gesäß-Knie-Länge | 54,5 | 56,5 | 59,0 | 61,0 | 64,0 | 65,5 |
18. | Gesäß-Bein-Länge | 92,5 | 96,5 | 99,0 | 104,5 | 105,5 | 114,0 |
19. | Oberschenkelhöhe | 12,5 | 13,0 | 14,5 | 15,0 | 17,5 | 18,0 |
20. | Breite über dem Ellenbogen | 39,5 | 41,5 | 48,5 | 48,0 | 55,5 | 55,5 |
21. | Hüftbreite sitzend | 36,0 | 35,0 | 39,0 | 37,5 | 46,0 | 42,0 |
Anthropometrie (von griech. „anthropos“ - Mensch; „metron“ - Maß) ist die Lehre der Ermittlung und Anwendung der Maße des menschlichen Körpers. Sie wird vor allem für die ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen und Produkten wie Fahrzeugen, Werkzeugen und Möbeln herangezogen.
Die Physiologie, ein Teilgebiet der Biologie, ist die Lehre von den physikalischen und biochemischen Vorgängen der Zellen, Gewebe und Organe und ihrem Zusammenwirken im Gesamtorganismus.
Die ideale Anordnung von Teilen, Werkzeugen und Zubehör vermeidet berflüssige Bewegungsabläufe und verhindert belastende Körper- und Armverdrehungen. Wichtig für die Platzierung der Arbeitsmittel sind Greifraum und Arbeitshöhe.
Zone 1: Arbeitszentrum
Hände arbeiten nahe beieinander - Montageort
Zone 2: Erweitertes Arbeitszentrum
Beide Hände erreichen alle Punkte dieser Zone
Zone 3: Einhandzone
Zum Lagern von Teilen und Werkzeugen, die mit einer Hand oft gegriffen werden
Zone 4: Erweiterte Einhandzone
Äußerste noch nutzbare Zone, beispielsweise für Greifbehälter
Der Bereich, der mit den Händen erreicht werden kann, ohne den Standort zu verlassen, wird als Greifraum bezeichnet. Man unterscheidet zwischen dem inneren Greifraum, den man mit angewinkelten Armen erreichen kann und dem äußeren Greifraum, den man mit gestreckten Armen erreichen kann.
Um einen ergonomischen Bewegungsablauf zu ermöglichen, werden häufig benötigte Teile im inneren Greifraum angeordnet, seltener benötigte Teile im äußeren Greifraum. Alle notwendigen Behälter, Vorrichtungen und Bedienelemente werden so angeordnet, dass eine fließende, bogenförmig ansteigende und vom Körper weisende Bewegung entsteht. Dadurch wird verhindert, dass der Oberkörper gedreht werden muss – unnötige Schulterbewegungen sowie einseitige und wiederholte Bewegungen werden vermieden.
Längeres oder häufiges Beugen, Verdrehen von Kopf und Oberkörper, ausgeprägte Streckhaltung des Kopfes oder Hochziehen der Schultern können zu Beschwerden des Muskel-Skelett-Systems führen. Arbeitsmittel sollen deshalb so platziert werden, dass in aufrechter und natürlicher Körperhaltung gearbeitet werden kann.
Die ideale Arbeitshöhe liegt zwischen 800 mm und 1500 mm.
Arbeiten über Herzhöhe (über 1500 mm) vermindern die Blutzirkulation und damit die Sauerstoffversorgung der Muskeln.
Auch Tätigkeiten, die ein Beugen unter 800 mm erfordern, belasten überproportional stark und sollten vermieden werden.
Auch für den Bereich der Arbeitsstühle gilt:
Der Arbeitsstuhl passt sich der Arbeitssituation ebenso gut an wie dem Menschen und ist dabei in höchstem Maße komfortabel.
Trotz einer idealen industriellen Eignung macht ein guter Arbeitsstuhl keine Abstriche im Hinblick auf seine ergonomischen Eigenschaften. Was bisher Büroarbeitsplätzen vorbehalten war, ist auch ein Muss in der Produktion: beste Körperunterstützung, ein hervorragendes Sitzklima und höchster Komfort.
An Fertigungsarbeitsplätzen arbeiten Menschen mit Kraftaufwand oder feinmotorisch, Bewegungsabläufe wiederholen sich und nicht immer kann eine ideale Haltung in Bezug auf das Werkstück eingenommen werden. Um dennoch ein aktiv-dynamisches Sitzen zu ermöglichen und Zwangshaltungen zu verhindern, muss sich ein Stuhl perfekt an die Arbeitsumgebung und an den Menschen anpassen, um somit die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter zu schützen.
Grundsätzlich stehen zwei mechanische Konzepte zur Auswahl:
die Permanentkontakt-Rückenlehne und die Synchrontechnik.
Die Permanentkontakt-Rückenlehne folgt dem Menschen bei seinen Bewegungen und sorgt dafür, dass der Rücken stets ideal gestützt bleibt. Die Gewichtsregulierung gewährleistet, dass sich Lehnenwiderstand und Körpergewicht stets die Waage halten. Die Permanentkontakt-Rückenlehne eignet sich besonders für überwiegend nach vorn geneigtes Arbeiten mit geringem Abstand zwischen Werkstück und Augen (z. B. in der Feinmechanik oder im Labor).
Die Synchrontechnik sorgt für ein aktives, dynamisches Sitzen inklusive Gewichtsregulierung. Sitz und Rücken begleiten den Körper in seiner Bewegung. Hierbei stellt sich ein Gefühl ein, das sich wohl am besten als „schwereloses Gleiten“ beschreiben lässt. Die Synchrontechnik entfaltet ihre Stärke in büroähnlichen Arbeitssituationen, bei Arbeiten am Bildschirm und bei häufig wechselnden Sitzpositionen.
Rückenlehne
Im Gegensatz zu Arbeitsplätzen im Büro kommt es bei Arbeitsstühlen stets darauf an, eine maximale Bewegungsfreiheit zu gewährleisten. Um dies zu ermöglichen sollte sich die Rückenlehne nach oben hin verjüngen.
Polster
Ein ganz wichtiger Faktor aus Hygiene- und Wirtschaftlichkeitsgründen sind Wechselpolster. Verschiedene Mitarbeiter am gleichen Arbeitsplatz - z. B. im Mehrschichtbetrieb - können verschiedene Polster nutzen. Bei hoher Abnutzung lassen sich diese kostengünstig austauschen.
Höhenverstellung und Rückenlehnenhöhenverstellung
Die Höhenverstellung dient der Anpassung an Körpergröße und Arbeitsplatzhöhe. Die Rückenlehnenhöhenverstellung sorgt dafür, dass der Mensch - vor allem im Lendenwirbelbereich - ideal gestützt wird; egal wie groß er ist.
Gewichtsregulierung
Durch den individuell einstellbaren Gegendruck der Rückenlehne können leichte und schwere Menschen korrekt sitzen.
Sitztiefenverstellung
Die Sitztiefenverstellung passt die Tiefe des Sitzes an die Körpergröße an und ermöglicht so eine optimale Auflagefläche für die Oberschenkel.
Sitzneigeverstellung
Viele Arbeiten in der Produktion geschehen in leicht erhöhter und nach vorn geneigter Haltung. Eine entsprechend geneigte Sitzfläche gewährleistet einen Sitzwinkel von mindestens 90° bei gleichzeitigem Kontakt zur Rückenlehne.
Rückenlehnenhöhe einstellen!
Stellen Sie die Rückenlehne so ein, dass die Vorwölbung in der Rückenlehne, die Wirbelsäule im Bereich des 3. und 4. Lendenwirbels (etwa Gürtelhöhe) abstützt.
Sitzfläche ganz ausnutzen!
Die anatomisch geformte Sitzfläche muss vollständig besessen werden. Nur so ist der Kontakt zur stützenden Rückenlehne
gewährleistet. Bei feinmotorischer Tätigkeit die Sitzfläche nach vorne geneigt einstellen. Im Idealfall hat der Stuhl eine Sitztiefenverstellung, so dass Sie die Sitzfläche auf Ihre Oberschenkellänge optimieren können.
Sitzhöhe richtig einstellen!
Die richtige Sitzhöhe ist erreicht, wenn Ober- und Unterarme einen rechten Winkel bilden, während die Unterarme waagerecht zur Arbeitshöhe liegen. Gleichzeitig soll der Winkel zwischen Ober- und Unterschenkeln mindestens 90° betragen. Die Füße müssen festen Kontakt mit dem Boden oder einer Fußstütze haben.
Einfache Fertigungsarbeiten werden immer stärker abgelöst durch komplexere und anspruchsvollere Aufgaben. Entsprechend steigen auch die Anforderungen an die Mitarbeiter.
Ein Unternehmen, das qualifizierte Mitarbeiter gewinnen und binden will, muss ideale Arbeitsbedingungen bereitstellen. Diese beginnen mit einem idealen Arbeitsstuhl.
Neueste Studien zeigen, dass zukünftige Produktionssysteme neue Anforderungen an die Arbeitsmittel, also die Maschinen, Vorrichtungen, die Arbeitstische und auch die Arbeitsstühle stellen. Dies bedeutet einen höheren Anspruch an die technischen Leistungsmerkmale, aber auch an die Gestaltungsqualität.
Wer hoch motivierte Mitarbeiter will, die höchst produktiv arbeiten, muss dafür Sorge tragen, dass alle Komponenten des Arbeitssystems zu dieser Motivationswirkung beitragen. Durch hohe Gestaltungs- und Ausstattungsqualität lässt sich ein Verbesserungspotential von bis zu 36 % nutzen.
Außerdem:
Ein guter Arbeitsstuhl schützt vor zu schneller Ermüdung bei der Arbeit und fördert die Konzentration.
(Weiteres hierzu in der Fraunhofer IAO Studie Arbeitswelt 2015 plus)
In Produktion und Montage nimmt die Anzahl der reinen Steh- oder Sitzarbeitsplätze stetig ab. Reines Stehen oder ausschließliches Sitzen haben negative Konsequenzen auf den menschlichen Organismus und damit verbunden negative Auswirkungen auf die Arbeitsleistung durch Schmerzen, Müdigkeit, Konzentrationsverlust und Demotivation.
Stehen erfordert im Vergleich zum Sitzen einen höheren Energieaufwand, belastet den Stütz- und Bewegungsapparat und bewirkt eine geringere Stabilität des Oberkörpers. Ununterbrochenes und vor allem statisches Sitzen führt zu Beeinträchtigungen der Muskulatur sowie des Stütz- und Bewegungsapparates, wobei auch das Herz-Kreislauf-System zusätzlich belastet wird.
Dynamik durch Stehen und Sitzen
Ideal sind daher Arbeitsplätze, an denen man abwechselnd sitzen oder stehen kann.
Steh-Sitz-Dynamik und Haltungswechsel während des Arbeitsprozesses belasten jeweils unterschiedliche Muskelgruppen.
So lässt sich ein Maß an Bewegung realisieren, das Muskelinaktivität, -verspannungen und Haltungsmonotonien vermindert sowie die Aktivierung des Herz-Kreislauf-Systems und des vegetativen Nervensystems unterstützt. Dadurch wird ein dynamischer und effizienter Arbeitsstil gefördert.
Höhenverstellbare Montagearbeitsplätze lassen sich an individuelle Körpermaße und an das zu fertigende Produkt anpassen.
Die Höhenverstellung soll einfach und ohne großen Aufwand zu bedienen sein – bewährt haben sich elektrische Höhenverstellungen.
Sind keine höhenverstellbaren Arbeitstische verfügbar, wird die Tischhöhe eines Steharbeitsplatzes gewählt - in diesem Fall werden Hochstühle oder Stehhilfen sowie geeignete Fußstützen bereitgestellt.
Optimale Dynamik:
Ideale Verteilung über den Arbeitstag:
„Montierer“ gehören zu den Berufen mit den meisten Krankheitstagen, verursacht durch Erkrankungen des Muskel- und Skelett-Systems (ca. 25 %).
Viele Belastungen am Montagearbeitsplatz können bereits durch einfache Maßnahmen reduziert werden.
Zone 1:
Optimales Blickfeld
Zone 2:
Maximales Blickfeld
Zone 3:
Maximales Gesichtsfeld
Zone 4:
Durch Kopfbewegung erweitertes Blickfeld
Wenn beim Arbeiten der Kopf häufig bewegt wird und die Augen ständig auf Objekte im Arbeitsumfeld neu fokussieren, führt dies auf Dauer zu Ermüdung, Kopfschmerzen oder Verspannungen. Bei der ergonomischen Gestaltung von Montagearbeitsplätzen sind daher auch Sehbereich und Sehabstand zu berücksichtigen.
Alles Nötige im Blick
Man unterscheidet zwei Sehbereiche: das Gesichtsfeld und das Blickfeld.
Das Gesichtsfeld ist der Bereich, der ohne Augen- und Kopfbewegungen wahrgenommen - nicht direkt fixiert - werden kann. Das Blickfeld definiert den Bereich, in dem bei starrer Kopfhaltung Gegenstände nur durch Bewegung der Augen scharf gesehen und fixiert werden können.
Bei der Einrichtung des ergonomischen Arbeitsplatzes werden Materialien prinzipiell nicht außerhalb des maximalen Gesichtsfeldes platziert, häufig benötigte Materialien befinden sich innerhalb des Blickfeldes.
Arbeitsaufgaben, die häufigen Blickkontakt erfordern, werden im optimalen Blickfeld ausgeführt.
Der ideale Neigungswinkel von Kopf und Blick beträgt im Stehen 15° für den Kopf und 30° für den Blick - relational zur Waagrechten. Im Sitzen sind es 35° Kopfneigung und 40° für den Blickwinkel.
Bei optimalem Gesichtsfeld und komfortabler Kopfneigung sind Nacken- und Augenmuskulatur entspannt.
Der ideale Sehabstand
Der Sehabstand richtet sich nach der jeweiligen Arbeitsaufgabe - Tätigkeiten mit hohen Sehanforderungen verlangen einen geringeren Sehabstand. Damit das Auge selten neu fokussieren muss, werden Greifbehälter stets in gleicher Entfernung angeordnet.
Denn dadurch wird Tränenflüssigkeit über die Netzhaut verteilt und das Auge vor Trockenheit geschützt.
Suchen Sie sich mindestens drei Fixpunkte im Raum und ein paar draußen. Wie zum Beispiel ein Bild an der Wand oder den Lichtschalter, ein Baum vor dem Fenster oder ein Gebäude auf der anderen Straßenseite.
Lassen Sie zwischendurch Ihren Blick von einem Fixpunkt innen, zu einem außen, wieder nach innen und wieder nach außen usw. hüpfen. Dadurch vermeiden Sie die einseitige Belastung Ihrer Augenmuskulatur.
Blicken Sie ganz langsam so weit wie möglich und ohne den Kopf zu bewegen nach oben. Atmen Sie dann tief ein und schauen Sie anschließend so weit wie möglich nach unten. Atmen Sie wieder tief ein und wiederholen Sie das Ganze fünf Mal. Anschließend machen Sie die Übung noch fünf Mal mit einem Augenschwenker nach rechts und links.
Zuerst etwa eine Minute im Uhrzeigersinn - dann zehn Sekunden lang die Augen schließen und darauf eine weitere Minute in die andere Richtung kreisen.
Besonders wirksam:
Sehr entspannend für Ihre Augen ist es, sie zwischendurch einfach mal 10 Sekunden lang zu schließen.
Flüssigkeitsmangel kann auch ein Grund für brennende und trockene Augen sein. Trinken Sie regelmäßig und ausreichend - das tut nicht nur den Augen gut!
Für die optimale Unterstützung anspruchsvoller Sehaufgaben am Industriearbeitsplatz ist die Anpassung der Lichtverhältnisse an Arbeitszeiten, Tätigkeiten und individuelle Bedürfnisse von sehr großer Bedeutung.
Dazu zählen vor allem die richtige Ausrichtung der Lichtquelle und die optimale Einstellung der Beleuchtungsstärke. Besonders wichtig ist dies bei wechselnden Szenarien: bei der Arbeit in mehreren Schichten, bei der abwechselnden Ausführung feinerer und gröberer Arbeiten oder bei der Mehrfachbesetzung des Arbeitsplatzes durch Personen unterschiedlichen Alters.
Ein umfassendes Beleuchtungskonzept berücksichtigt alle Lichtquellen im Raum: den Einfall von Tageslicht, die Raumbeleuchtung und die schattenfreie Beleuchtung des Arbeitsplatzes selbst.
Das Beleuchtungsniveau sollte ausgehend von der Grundbeleuchtung des Raums bis zur Beleuchtung im direkten Bereich der Sehaufgabe kontinuierlich zunehmen.
Außer der Helligkeit spielen auch Gütemerkmale wie Farbwiedergabe, Farbtemperatur sowie Blend- und Flimmerfreiheit eine wichtige Rolle. Ist die Farberkennung wichtig, sollte die Lichtquelle einen Farbwiedergabeindex von Ra ≥ 90 besitzen.
Für ein gutes Kontrastsehen ist eine Farbtemperatur von über 5300 K (Tageslichtweiß) ideal. Direkt- und Reflexblendungen auf Hochglanzoberflächen werden durch die richtige Positionierung der Leuchten und eine sinnvolle Auswahl von Leuchtenblenden bzw. -rastern unterstützt.
Flimmerfreiheit wird durch Leuchten mit elektronischen Vorschaltgeräten oder durch LED-Leuchten sichergestellt.
Licht stimuliert die Mitarbeiter, indem es die Melatoninproduktion (Schlafhormon) unterdrückt und „gute-Laune-Hormone“ wie Serotonin vermehrt ausschüttet - wichtige Faktoren für eine fehlerfreie Produktion im Schichtbetrieb.
Durch höhere Beleuchtungsstärken lassen sich Ermüdungseffekte vermeiden. Gerade im Hinblick auf ältere Mitarbeiter, Nacht- oder Schichtarbeiter wirkt dies langfristig auch gesundheitsfördernd. Ungefähr ab 30 steigt der relative Lichtbedarf. Die Augenmedien verlieren ihre Durchlässigkeit; die mittlere Pupillenweite bei gleicher Beleuchtungsstärke sinkt - ein 60-jähriger Mitarbeiter hat den doppelten Lichtbedarf seines 20-jährigen Kollegen.
Art der Tätigkeit | Industriezweig | Bereich der Sehaufgabe | Unmittelbarer Umgebungsbereich |
Hintergrundbereich |
Grob | Metallverarbeitung | 200 lx | 150 lx | 50 lx |
Elektroindustrie | 300 lx | 200 lx | 70 lx | |
Mittelfein | Metallverarbeitung | 300 lx | 200 lx | 70 lx |
Elektroindustrie | 500 lx | 300 lx | 100 lx | |
Fein | Metallverarbeitung | 500 lx | 300 lx | 100 lx |
Elektroindustrie | 750 lx | 500 lx | 170 lx | |
Sehr fein | Metallverarbeitung | 750 lx | 500 lx | 170 lx |
Elektroindustrie | 1000 lx | 500 lx | 170 lx |
"Als Spezialist in Sachen Gesundheit und mit einem Marktanteil von über 40 % gestaltet die AOK Bayern das Gesundheitswesen im Freistaat mit. Über vier Millionen Menschen schenken uns ihr Vertrauen. Deshalb liegt es uns besonders am Herzen, den Führungsebenen der Unternehmen zu verdeutlichen, dass sie direkten Einfluss auf das körperliche und geistige Befinden ihrer Mitarbeiter haben. Moderne Unternehmensstrategien unterstützen die Verbesserung der Gesundheit am Arbeitsplatz durch Optimierung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsumgebung.
Das betriebliche Gesundheitsmanagement zielt strategisch und methodisch darauf ab, Arbeit gesundheitserhaltend zu gestalten und das gesundheitsbewusste Verhalten der Beschäftigten zu fördern. Daraus resultieren eine höhere Arbeitszufriedenheit, ein geringerer Krankenstand und weniger Krankheitskosten. Impulsgeber und Initiator für ergonomische Optimierungen ist die Führungsebene. Der Blick auf den Zusammenhang von Führung und Gesundheit ist darum ein unverzichtbarer Beitrag zu einem umfassenden betrieblichen Gesundheitsmanagement.
Das Wissen um ergonomische Zusammenhänge gibt Unternehmen die Möglichkeit, allein durch Optimierung von Arbeitsplätzen und -prozessen Kosten zu sparen und die Arbeitsqualität zu steigern. Ergonomische Umstrukturierungen wirken nachweisbar und sind oft schon mit relativ kleinen Änderungen und Investitionen zu realisieren.
Daher ist die Initiative teamwork FORUM ARBEITSGESTALTUNG rundum begrüßenswert. Sie beleuchtet die Faktoren der Ergonomie aus unterschiedlichen Blickwinkeln, so dass jeder einen Nutzen daraus ziehen kann.
Aus diesen Gründen haben wir von der AOK Bayern uns auch bereit erklärt, den PRAXISRATGEBER ERGONOMIE zu unterstützen. Denn als Gesundheitskasse wissen wir, wie wichtig Aufklärung und Prävention sind."
Heinrich Hecht, Direktor der AOK Bayern,
Direktion Freising